RESTAURIERUNG DER VERGLASUNG
ÜBERSICHT ZUM BESTAND DER FENSTER
Für den Glasbestand wurden ursprünglich mundgeblasene, sowohl im Überfangverfahren hergestellte, als auch durchgefärbte Gläser verschiedenster Farbigkeit verwendet. Im Durchschnitt sind die Gläser 2-3 mm stark. Der Bestand weist Glasergänzungen aus verschiedenen Restaurierungsphasen auf. Es handelt sich beim gesamten Glasbestand um im Antikglasverfahren hergestellte Gläser.
Für die Ornamentfenster wurde Tischkathedralglas verwendet. Dieses Verfahren zur Herstellung von Kathedralglas ist etwas älter als das Verfahren zur Antikglasherstellung. Die Struktur ist stärker und lässt das Glas undurchsichtiger erscheinen. Zur Verwendung kamen leichte Grün-, Gelb- und Rosetöne. Die roten Randstreifen sind im Antikglasverfahren als Überfangglas hergestellt.
Bemalung
Bei der heute erhaltenen Bemalung handelt es sich um originale Malschichten des 19. Jahrhunderts. Für vorhandene Bemalung auf der Innenseite der Fenster wurde sowohl im Bereich der Konturen, und der konturbegleitenden Lasuren, als auch der Überzüge ein im Auflicht schwarz-bräunliches, im Durchlicht jedoch satt schwarz wirkendes Lot verwendet. Vereinzelt wurde auch auf ein braunes Lot für Überzüge und Lasuren zurückgegriffen. Ferner befinden sich auf der Rückseite fein aufgetragene Lasuren im Inkarnatbereich.
Die Ergänzungen wurden maltechnisch unterschiedlich behandelt. Einerseits sind Ergänzungen mit eingebrannter Schwarzlotmalerei vorhanden. Diese sind als kopistische Ergänzungen angelegt, mit teilweise rückseitigem Auftrag von Emailfarben zur besseren farblichen Eingliederung in den Bestand. Diese Ergänzungen gliedern sich nicht immer gut in den Bestand ein. Weiter weisen vor allem die kleinformatigen Ergänzungen und Ornamente Kaltmalerei auf.
ZUSTAND DER FENSTER VOR DER RESTAURIERUNG
Die Felder wiesen vorder- sowie rückseitig eine Schicht aus Staub- und Schmutz auf - besonders ausgeprägt im Bereich der Windeisen. Vorderseitig hat sich der Staub mit einer dichten Schicht aus Ruß verbunden. Rückseitig befinden sich auf der Oberfläche eine Vielzahl von weißen Farbspritzern.
An einigen Stellen haben Rückstände von Leinölkitt der letzten Verkittung mit Schmutz und durch Einwirken von Kondenswasser und dessen Rückstände hartnäckige Verkrustungen gebildet. Die Leinölverkittung der Bleinetze der einzelnen Felder zur Abdichtung gegenüber den Witterungseinflüssen und zur Stabilisierung der Felder war beidseitig kaum noch vorhanden bzw. stark ausgelaugt.
Glas
Die Gläser des 19. Jahrhunderts befanden sich in einem weitgehend guten Zustand. Vereinzelt traten jedoch anfängliche Korrosionserscheinungen auf der Rückseite in Form von irisierenden Oberflächen - auch Hydratisierung bezeichnet - auf. Ansonsten hat sich rückseitig eine flächendeckende Patina ausgebildet.
Sowohl die Gläser des 19. Jahrhunderts als auch die späteren Ergänzungen wiesen alle mechanischen Schäden, die durch unsachgemäße Handhabung und Wettereinflüsse verursacht wurden, auf. Dazu zählen vor allem eine Vielzahl an Einfach, Mehrfach- und Spinnennetzsprüngen sowie dadurch entstandene Flinsen und Fehlstellen. Einige der offensichtlichen und verlustgefährdeten Sprünge wurden während einer örtlichen Sanierungsphase mit Silikon gesichert.
Die vorhandenen Sprünge wiesen meist eine glatte, wenn auch sehr verschmutzte Bruchkante auf. Eine Vielzahl der geklebten Sprünge zeigte außerdem einen starken Versatz.
Die Ornamentverglasung wies vor allem mechanische Schäden auf. Diese zeigten sich in Form von Einfach- und Mehrfachsprüngen, auch hier waren die Sprungkanten verschmutzt. Des Weiteren waren kleinere Fehlstellen vorhanden.
Bemalung
Bei den figürliche Darstellungen wies die Lotmalerei auf der Vorderseite einen sehr unterschiedlichen Erhaltungszustand auf. Einerseits waren Bereiche vorhanden, die keinerlei sichtbare Schäden an der Malerei erkennen ließen, andererseits kam es im Bereich der Kontur immer wieder zu schollenartigen Abhebungen des eingebrannten Lotes - im Extremen kam es bereits zum totalen Verlust der Kontur.
Weitestgehend intakt waren die Lasuren und Überzüge vorderseitig. Allerdings ließen sich vereinzelt Kratzspuren neben der Bleilinie, vermutlich durch eine mechanische Reinigung nach der Verkittung hervorgerufen, feststellen. Des Weiteren gibt es Fehlstellen im vorderseitig bemalten Bereich.
Die mit Kaltmalerei überzogenen und ausgearbeiteten Ergänzungen zeigten starke Schäden. Die Malerei, die sich nur sehr mäßig in den Bestand einpasste, löste sich flächig von der Glasoberfläche ab.
Die Verbleiung zeigte ein größtenteils intaktes Bild. Nichtsdestotrotz hatten sich einige Bleibrüche an Schwachstellen gebildet. Die Rahmung der Felder erfolgte mit Blei. Die schlechte Anbringung und die Andichtung an das Gewände verursachte Druck auf die Verglasungen, weshalb es zu teilweise starken Verformungen kam.
DURCHGEFÜHRTE RESTAURATORISCHE UND KONSERVATORISCHE MASSNAHMEN
Nach Einholung der Ausfuhrgenehmigung der Glasfenster zur Restaurierung beim Bundesdenkmalamt wurden die Fenster zur Restaurierung nach Paderborn gebracht. Alle Felder wurden nach den durchgeführten restauratorischen Maßnahmen mit Bleihaften an den ursprünglichen Stellen versehen. Die überarbeiteten, d. h. entrosteten, grundierten und lackierten, Windeisen wurden wieder aufgebracht. Im Fall der figürlichen Felder wurden die Windeisen seitlich an der Rahmung mit Laschen aus Kupfer befestigt.
Auch die Deckschienen und Standeisen wurden mit den für die Windeisen verwendeten Entrostungs- und Lackiersystem behandelt. Im Chor ist zur Vereinheitlichung der Systeme die vorgesetzte Rahmenkonstruktion entfernt worden. Die bestehenden historischen Standeisen wurden nach der Behandlung nach Innen auf gedoppelt um zukünftig die Original– und die Schutzverglasung zu tragen.
Nach einer eingehenden mikroskopischen Untersuchung der Vorder- und Rückseiten wurden die Felder mit einem weichem Naturhaarpinsel von der dichten Schicht aus Staub, Schmutz und Ruß befreit. Rückseitig fand darüber hinaus eine Feuchtreinigung mit einem Restaurierungsschwamm statt. Damit war es unter anderem möglich, starke Verschmutzungen und die weißen Farbspritzer abzunehmen.
Der Kittrand wurde mechanisch ausgedünnt. Um die Malschicht nicht zu gefährden, wurde die verbleibende Schicht mit einem Wattebausch, der in Ethanol getränkt war, abgenommen.
Die starken Ausbauchungen der Felder wurden mit Hilfe von Gewichten liegend in ihre ursprüngliche Position zurückgeführt. Um die Dichtigkeit vor Witterungseinflüssen zu gewähren, wurden die Bleiwangen der Felder beidseitig geöffnet, Leinölkitt satt eingestrichen, die Wangen anschließend wieder verschlossen und Reste der Verkittung mit Kreide abgereinigt.
Glas
Die Korrosionserscheinungen auf der Außenseite in Form von irisierenden Oberflächen können nur durch konservatorische Maßnahmen aufgehalten werden. Im Bereich der bemalten Felder wurde daher eine zuvor bemusterte Außenschutzverglasung angebracht, diese verhindert das unmittelbare Auftreffen schädigender Witterung und stoppt damit eine weitere Auslaugung der Oberfläche.Die vorhandenen offenen Glassprünge wurden verklebt. Dazu wurden die Bruchkanten eingangs mechanisch und anschließend feucht mit reinem Ethanol gereinigt. Die Abnahme aller Schmutzpartikel und fettigen Auflagerungen gewährt eine kraftschlüssige und dauerhafte Verklebung. Bei der Ausrichtung der Gläser zueinander wurde darauf geachtet, das die gegenwärtigen Verkantungen bzw. der Versatz möglichst beseitigt und eine enge Verklebung durchgeführt wurde. Die Retusche der Klebefuge war daher nur in vereinzelten Fällen notwendig. Die Ausführung erfolgte mit deckenden und transparenten Acrylfarben.
Die Fehlstellen im Glasbestand sind durch glasmalerische Ergänzungen in Anpassung an den Bestand angefertigt und in diesen eingefügt worden. Dazu wurden Gläser entsprechender Herstellungstechnik, Farbigkeit, Struktur, Dichte und Dicke ausgewählt, diese anschließend passgenau zugeschnitten, mit entsprechendem Lot bemalt und gebrannt. Die Kenntlichmachung erfolgte durch eine Inschrift an der seitlichen Kante der Ergänzung. Die Ergänzungen wurden entsprechend den Glassprüngen eingesetzt, verklebt und retuschiert.
Gesprungene Gläser sowie Fehlstellen im Ornamentglas wurden ausnahmslos durch Glas der entsprechenden Tönung, Größe und Erscheinung ausgetauscht.
Bemalung
Während der eingehenden mikroskopischen Untersuchung wurden gleichzeitig lose und verlustgefährdete Malschichten gefestigt. Die schollenartigen Abhebungen des Lotes wurden gelöst in Ethylacetat getränkt und nach der Verdunstung des Lösemittels mit dem Heizspatel niedergelegt. Eine Niederlegung der Schollen hat den Vorteil, dass bei der folgenden Reinigung der Oberfläche ein Abreißen der aufstehenden Schollen nicht möglich ist und eine möglichst große Fläche der Scholle Haftung zum Untergrund erhält. Totalverluste der Kontur wurden überwiegend nicht behandelt. In einigen Fällen wurden die Abbruchkanten zur Kontur gefestigt, um einen weiteren Verlust zu verhindern. Auch die rückseitig aufgebrachten Überzüge aus Emaille wurden entsprechend der Vorgehensweise bezüglich der Festigung der Vorderseite behandelt. Auf die korrodierten Malschichten der Rückseite konnte nur konservatorisch durch die Installation einer Außenschutzverglasung Einfluss genommen werden. Auch hier können die korrosiven Prozesse durch den Ausschluss der Witterungseinflüsse stark verlangsamt, zuweilen auch gestoppt werden.
Blei und Rahmung
Bleibrüche im Bleinetz sowie lose Bleiflansche sind angeraut und verlötet worden. Stark beeinträchtigte Bleiruten der Randbleie sind nach Bestand ergänzt und angelötet worden. Die Deckbleie wurden entfernt und die Glassprünge verklebt.
Die alten unterschiedlichen Rahmungen der Glasfenster wurden entfernt, da sie keine Stabilität brachten. Dafür sind die Felder mit einem brünierten Messing-U-Profilrahmen 10x10x10x1 mm versehen. Die Maßwerke bekamen eine 5x10x5x1mm Rahmung. Die Rahmung wurde an den Ecken auf Gehrung zugesägt und beidseitig verlötet. Zur zusätzlichen Stabilisierung wurden rückseitig Messingdreiecke aufgelötet. Außerdem ist der Messingrahmen seitlich mit einer 30 mm breiten Bleilasche versehen worden, welche an das Gewände geschmiegt wurde, um eine seitliche Überblendung zu vermeiden sowie eine Kaminwirkung im Zwischenraum zwischen Schutzglas und Original zu erreichen.